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Palaeanthropische Physiognomie
Phantombilder aus dem Bundeskriminalamt (BKA)
1992



Von der Teratologie zur Teratogenese (1)

Von Lucius Burckhardt

[...] Gerhard Lang erzeugt Monstren. Wissenschaftlich gesprochen begibt er sich damit auf das Gebiet der Teratogenese. Gerhard Lang ist nicht der erste Teratogenet, wie er das vielleicht glaubt; vielmehr geht diese Wissenschaft zurück auf Camille Dareste, und sie wurde weitergeführt von Etienne Wolff in den 1930er Jahren. Während sich aber diese Gelehrten der sogennanten direkten Methode befleissigten, kann man Gerhard Lang mit Fug und Recht als den ersten Vertreter der hypothetischen Teratogenese betrachten. Erzeugen nämlich die bisherigen Teratogeneten zunächst das Monstrum und versuchen dann, es zu verstehen, so erzeugt Gerhard Lang zunächst das Bild eines möglichen Monstrums. Uns scheint die Lang'sche Methode der bisherigen, im engeren Sinne wissenschaftlichen, weit überlegen. Denn wie jeder Wissenschaftler weiss, ist eine Suche um so ergiebiger, je genauer man weiss, was man finden kann. Gerhard Lang nun schafft Bilder von noch zu entdeckenden Monstren. Nicht zufällig bedient er sich dabei polizeilicher Methoden, des Phantombildes [...]


[Auszug aus: Von der Teratologie zur Teratogenese, von Lucius Burckhardt, in: Palaeanthropische Physiognomien, hg. von Gerhard Lang, Deutsche Fototage, Frankfurt, 1993. Mehr über Lucius Burckhardt: siehe Glossar]

(1) Teratologie: siehe Glossar

Palaeanthropische Physiognomie

Phantombilder aus dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden

Im Rahmen von Gerhard Langs Arbeit Palaeanthropische Physiognomie fand im März 1992 in einem Vernehmungsraum im Bundeskriminalamt die Performance Auf der Suche nach dem Unbekannten statt, in deren Verlauf am Phantombildgerät Bilder unbekannter Wesen entstanden. Das verwendete Phantombildgerät wurde von Minolta in den 50er und 60er Jahren hergestellt. Ursprünglich sollte es der Rekonstruktion der Gesichter von Hiroshima Opfern dienen. Über die plastische Chirurgie gelangte der Montage-Synthesizer Anfang der 70er Jahre zur Kriminalistik. Nach den ersten Terroranschlägen der Baader-Meinhof-Gruppe wurde das Gerät bei der deutschen Polizei für das schnellere Aufklären von Verbrechen eingesetzt. Das Gerät arbeitet mit einer Spiegeltechnik, die es erlaubt, auf mehreren Ebenen Teile von bis zu vier Passbildern (die Polizei nutzt Passbilder Inhaftierter) zu einem Bild (Phantombild) zusammenzusetzen. Das synthetisierte Gesicht wird mit einer Videokamera auf einen hochkant stehenden Kontrollmonitor übertragen. Die Phantombilder für Gerhard Langs Arbeit wurden von einem Kriminalisten erstellt. Er arbeitete auf der Grundlage von Langs Beschreibungen und dessen Passbildkartei, bestehend aus Passbildern von Bienen, Wespen, Eulen, Käfern ... und Passbildern aller Einwohner seines Heimatdorfs Schloss-Nauses.


[Aus dem Separatum: Palaeanthropische Physiognomie. Phantombilder aus dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden, 2007]


Anerkennung:

Ohne die Unterstützung des Kriminalisten am Phantombildgerät hätte die Arbeit im BKA nicht stattgefunden.

Weitere Informationen über den Einsatz des Phantombilderätes in Gerhard Langs Forschung unter:

- Neue Berichte aus dem Landesinnern. Phantombilder

- Phantombilder von Wolken
- Schattenblumen

 


Links:

Die Mediensammlung der Hamburger Kunsthalle

http://www.hamburger-kunsthalle.de/sammlungav/html_sammlung/l/lang_1997_12.html


Abb. I: Gorestidae Megaschnee Bicolor, Phantombild, 1992
Abb. II: Unbekannt, Phantombild, 1992
Abb. III: Unbekannt, Phantombild, 1992

 




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Gerhard Lang © VG Bild-Kunst, Bonn